Um die Vortäuschung ihrer Realisierbarkeit zu stützen, halten sich die Politiker
für genötigt, nach Wasserstoff als einem Energieträger für jene Sektoren zu rufen, bei denen es am schwierigsten ist, einen Anschein von Dekarbonisierung zu erwecken- nämlich die Stabilisierung des Energiesystems, Schwertransporte zu Land und zur See, Prozesswärme für die Industrie sowie für die Spitzenlast der Heizung im Winter, wenn die auf Erdwärme bzw. Grundwasser beruhenden Wärmepumpen gerade dann ausfallen, wenn sie am meisten benötigt werden.
Das Vereinigte Königreich ist  – wie stets – wahrlich ein Anführer in dieser Angelegenheit und die Net-Zero-Gesetze von Mrs May könnten, wenn man sie nicht abschafft, unsere Wirtschaft weiter vergiften. Und das noch lange nachdem ihre Unzulänglichkeit in Bezug auf den Brexit vergessen und vielleicht sogar verziehen ist.
Das Problem ist nicht nur eins von untragbaren Kosten und letztlich von ihrer Unrealisierbarkeit, obwohl Net Zero gewiss sehr teuer ist und auch scheitern wird. Der marginal erscheinende Unterschied zwischen einer 80-prozentigen Emissions-Reduktion und dem Net Zero-Ziel würde gewiss eine weitaus größere Kostensteigerung als diese zusätzlichen 20 Prozent bewirken. Präzise Abschätzungen sind nicht möglich, denn die Probleme sind extrem; aber eine Verdoppelung der Gesamtkosten wäre überhaupt nicht unwahrscheinlich.
Und es kann kein Zweifel daran bestehen, dass es am Ende unerreichbar ist – denn zur Zeit kann die Illusion der „Wenig Kohlenstoff-Transition (Low Carb)“ nur deshalb aufrecht erhalten werden, weil die grundsätzlich nicht existenzfähigen grünen Technologien durchweg parasitär sind, weil sie auf der hohen Produktivität Kohlenstoff-basierter Treibstoffe beruhen – sowohl in Inland als auch besonders im internationalen Ausland.
Wind- und Solarstrom-Aufzeichnungen erhalten die großen Überschriften, aber das UK-System wird durch Gas und Kernkraft gestützt – und bei Gelegenheit auch durch Kohle. Die Kosten der erneuerbaren Anlagen sind zwar hoch, aber noch im Zaum gehalten, weil ihre Produktion hauptsächlich mit fossilen Energieträgern erfolgt.
Wenn unser zunehmend fragiles Stromversorgungssystem mit teuren Batterien und durch eine mit Wasserstoff (H2) betriebene Spitzenlast-Stromerzeugung stabilisiert wird und wenn der Anteil der erneuerbaren Energie bei der Herstellung von Solarpaneelen und Windturbinen ansteigt, werden die Systemkosten und die Kapitalkosten zum Himmel aufsteigen.
In dem unvermeidbaren Debakel wird die prinzipielle technologische Katastrophe tatsächlich die Wasserstoffwirtschaft selbst sein. Das ist im Grunde bedauerlich, weil dieses schwierige aber interessante Gas eine klare und authentische Aussicht als universeller Energieträger in einer hocheffizienten und sauberen Gesellschaft hat. Allerdings ist diese Aussicht von der thermodynamischen Qualität des primären Energieeinsatzes abhängig. (Anm.: Wasserstoff kommt in der Natur nicht als Gas vor; es muss unter beträchtlichem Energieaufwand „künstlich“ hergestellt werden. G.K.)
Nur sehr fortschrittliche Kernkraft-Technologien werden darin Erfolg haben – eine Feststellung des visionären Physikers Cesare Marchetti, damals bei Euratom. Er empfahl diese Idee in einer ingenieurtechnisch realisierbaren Form, indem er Hochtemperatur-Kernreaktoren (HTR) und Katalysatoren zur thermischen Aufspaltung von Meerwasser vorschlug, um sehr billigen Wasserstoff mit wenigen unerwünschten Nebenprodukten zu erzeugen.
Dieses brillante Konzept ist allerdings von enormen und noch ungelösten Schwierigkeiten in der Nuklear- und Chemietechnik gekennzeichnet. Die Temperaturen sind sehr hoch, was spezielle Werkstoffe zum Einschluss des Prozesses erforderlich macht. Und ein optimaler Katalysator muss noch gefunden werden.
Aber es bestehen ernsthafte Erfolgsaussichten und weitsichtige Regierungen mit einem klaren und physikalisch realistischen Langzeitplan für die Energie-Unabhängigkeit – so wie die Regierung Japans – unterstützen diese Idee und ein ruhiger Fortschritt ist zu verzeichnen.
Allerdings treibt die verzweifelte, nur der Gesichtswahrung dienende Hast der britischen Regierung – neben anderen im Westen – sie zu einer Forcierung des kurzfristigen Wasserstoff-Einsatzes in unsere Wirtschaften – und das bedeutet, dass dieser Wasserstoff durch zwei relativ einfache, harmlose Gebrauchs-Produktionsverfahren erzeugt werden muss. Das ist zum einen die Elektrolyse von Wasser und zum anderen die chemische Behandlung von Naturgas (Methan) mittels Dampf, das ist die sog. Dampf-Methan-Reformierung (SMR).
Beide Verfahren sind dann akzeptabel, wenn Wasserstoff für sog. Nischen-Anwendungen und nichtenergetische Zwecke benötigt wird. Es ist jedoch ein Fehler, um sie zur Produktion des Energieträgers Wasserstoff in sehr großen Mengen, wie die jährlichen 270 TWh (TWh =Terawattstunden. 1 TWh ist 1 Milliarde kWh), einzusetzen, wie es das britische Komitee zum Klimawandel (CCC) in seinen „Net Zero“-Projektionen dargelegt hat.
Das bedeutet vier prinzipielle Nachteile.
Der erste: Die Kosten werden hoch sein. SMR’s und Elektrolyseanlagen sind teuer; sowohl für die Anlagen selbst als auch für deren Betrieb. Allein für die Dampfreformer (SMR) bedeutet der Vorschlag des CCC einen Kapitalaufwand von 40 Milliarden engl. Pfund Sterling. Und beide Anlagentypen haben keine lange Lebensdauer, was einen relativ kurzen neuen Kapitalbedarf nach sich zieht; insbesondere für die Elektrolyseanlagen.
Zweitens: Wegen der Verluste beider Verfahren bei der H2-Erzeugung (Konversion) sowie bei der Speicherung des Gases können diese Produkte beider Methoden prinzipiell niemalsmit ihren eigenen Erzeugungsenergien bzw. Energieträgern (Strom, Methan/Erdgas) konkurrieren. Der Verbraucher wird daher immer besser bedient sein, wenn er Elektrizität und Erdgas direkt nutzt.
Drittens: Die Dampf-Methan-Reformierung SMR emittiert große Mengen an Kohlendioxid, was das Net-Zero-Ziel völlig aufs Spiel setzen würde. Es sei denn, man rüstet die SMR-Anlagen auch noch mit Zusatzanlagen zur Kohlenstoff-Abtrennung und -Speicherung (CCS) aus. Das ist jedoch wieder teuer und im Übrigen im Großmaßstab nicht erhältlich.
Das führt zu einer weiteren Feststellung: Weil das Net-Zero-Ziel kritisch von Wasserstoff aus der SMR-Dampfreformierung abhängt – das CCC-Komitee verkündet, dass 80 Prozent der gewünschten H2-Menge aus diesen Anlagen kommen soll – können wir nun sehen, dass hinter den Wolken der Phrasen von fallenden Kosten der Erneuerbaren das Net Zero-Ziel des UK tatsächlich ein Glücksspiel zum Kohlenstoff-Einfang nebst Abtrennung ist.
Aber wenn CCS dennoch eingeführt wird, was durchaus möglich ist, dann wird es viel effektiver sein, das Methan direkt in Gasturbinen einzusetzen und dem Verbraucher zu erlauben, die Elektrizität direkt zu nutzen, anstatt Wasserstoff mit allen seinen Kosten, Problemen und Gefahren zu produzieren.
Schließlich Viertens: Die Herstellung von Wasserstoff sowohl durch Elektrolyse als auch durch SMR benötigt große Mengen an sauberem, frischem Wasser. Das gegenwärtige UK-Wasserstoff-Ziel würde den nationalen Wasserverbrauchzwischen 1 und 2 Prozent erhöhen. Und das zu einem Zeitpunkt, in dem das CCC-Komitee selbst von einer Frischwasser-Knappheit ausgeht; mit einem Mangel in einem Viertel der Vorratszonen des Landes.
Die Langzeit-Chance von Wasserstoff – nach Marchetti’s Modell – ist exzellent. Tatsächlich ist das wahrscheinlich die einzige herstellbare „Low Carbon Future“, die auch den Wohlstand der Menschen sichert. Diejenigen, die diese Zukunft aufs Spiel setzen, indem sie eine rapide und sub-optimale Einführung von Wasserstoff erzwingen wollen, um das gegenwärtige Theater der Unterstützung wenig brauchbarer Erneuerbarer fortzuführen, sollten ihre Köpfe senken und sich schämen.
(Ende des Artikels)
Notizen:
Dr. John Constable ist Energy-Editor bei der Global Warming Policy Foundation (GWPF), die eine viel gelesene Webseite “Thegwpf.com” betreibt.
Leiter der GWPF ist Dr. Benny Peiser.
Der obige Artikel ist auf der Webseite „The Conservative Woman“ erschienen und wurde daraufhin auch im o.e. GWPF-Blog veröffentlicht.
In der o. Publikation befindet sich zudem der Hinweis auf eine weitere Arbeit von J. Constable: „Hydrogen: The once and future fuel?“.
Erscheinungsdatum: 20.6.20 , publiziert von GWPF.
G.K.

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