Beat Gygi (Red. WELTWOCHE Zürich)*

Der Weltklimarat treibt sein Marketing auf die Spitze, um Alarmstimmung zu verbreiten.

Er geht zu weit.

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Der Alarm hallt nach; zu Wochenbeginn ist er losgegangen, als der Uno-Weltklimarat den neuesten Bericht zum Zustand der Welt vorstellte. In einer grossen Online-Medienkonferenz führte der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) dem Publikum vor, wie schlimm es um das Klima stehe. Immer wieder habe der IPCC gewarnt, aber jetzt sei die Erde wirklich in Not, x-mal kam diese Botschaft über den Bildschirm. Es war eine erstklassige Verkaufsveranstaltung, auch für die grosse Uno-Klimakonferenz im November in Glasgow, die Medien geben jetzt den Alarm millionenfach schrill weiter.

Grell war der Kontrast: Die Medienkonferenz bot vor allem emotionale Appelle, dramatische Darlegungen von Klimaexpertinnen, die Ohren öffnen müsse man, nichts zu tun, sei viel teurer, als sofort zu handeln, man sei schon mitten im Klimawandel, der sich beschleunige. Die inhaltliche Grundlage des Auftritts dagegen war kühle Wissenschaft, die Exaktheit ausstrahlen soll: der Bericht «Climate Change 2021» der Arbeitsgruppe I des IPCC.

Abwegiges Extremszenario

Deren Aufgabe ist es, die physikalischen, wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels, den Wissensstand der Welt darzustellen, etwa zu CO2-Kreislauf, Temperatur, Meeresspiegel. Es ist die sechste Berichtsrunde des IPCC seit seiner Gründung 1988. Die ganze vorige Woche hatten über 700 Teilnehmer online Unterlagen und Formulierungen ausgeknobelt. Das Produkt ist jetzt die von den Regierungen abgesegnete, fast 4000-seitige Sammlung von Informationen zum Klima. Die Schweizer Delegation führte Chef-Umweltwissenschaftler José Romero vom Bundesamt für Umwelt an.

Daneben befasst sich die Arbeitsgruppe II mit Auswirkungen des Klimawandels, Anpassungen und Verwundbarkeit, und die Gruppe III hat das Thema «Milderung des Wandels». Das tönt trocken, machte jetzt aber einen Marketing-Trick möglich: Dieses Mal frisst die Arbeitsgruppe I über den Hag ins Gebiet II und macht Folgen des Klimawandels wie Extremereignisse, Hitze, Trockenheit, Stürme, Feuer zum Thema. Häufigkeiten und Intensitäten seien am Steigen, heisst es, gierig nehmen die Medien das auf.

Damit hat die Verkaufsorganisation IPCC ihr Problem gelöst, dass sie im Spezialbericht von 2012 einen Zusammenhang zwischen Extremereignissen und Erderwärmung noch verneint hatte. Jetzt ist das Problem weg, jetzt kann jedes Unwetter mit dem Klima in Bezug gebracht werden, und zwar mit Hinweis auf den IPCC, da ist eine Lawine zu erwarten.

Das Spektakuläre war nötig, weil die neuen IPCC-Prognosen zur Temperaturentwicklung nicht dramatisch wirken. Dass die Durchschnittstemperatur der Erde gegenüber den 1850er Jahren um 1,1 Grad gestiegen ist, unterscheidet sich wenig vom Bericht von 2013, und auch für die nächsten Jahrzehnte sind die realistischeren Szenarien in der Prognose wenig spektakulärabgesehen von einem abwegigen Extremszenario mit enormer Erhitzung.

Unangenehm war für den Klimarat auch, dass seine wissenschaftlichen Klimamodelle laut Beobachtern zum Teil völlig widersprüchliche Ergebnisse lieferten und unbrauchbar waren. Der IPCC verspricht nun, man habe die Modelle verbessert – und alles in allem bleibt der Bericht bei der alten Drohkulisse, dass im Laufe dieses Jahrhunderts die Erwärmung um 1,5 oder 2 Grad überschritten werde, wenn die CO2-Emissionen nicht drastisch gedrosselt würden.

Eine ganze Periode wurde gestrichen

Dass die ausgewiesene Temperatursteigerung überhaupt zustande kommt, hängt mit einem besonderen Marketing-Kniff zusammen, der seit je Teil der Geschäftsgrundlage des IPCC ist, aber in der breiten Öffentlichkeit wenig zur Sprache kommt: Gemessen wird nämlich seit der Zeit um 1850, als die sogenannte Kleine Eiszeit zu Ende ging, eine lange Kälteperiode, die in Europa unwirtliche Lebensbedingungen mit karger Landwirtschaft bedeutet hatte. Da der Anfangspunkt auf den kältesten Punkt der jüngeren Vergangenheit gelegt wird, kann der IPCC eine viel steilere Temperaturentwicklung darstellen, als wenn der Durchschnitt über ganz lange Perioden als Vergleich dienen würde. Diese Verzerrung hat sich verfestigt.

Neu kommt aber offenbar eine ganz kühne Art der Vergangenheitsmanipulation hinzu. Fritz Vahrenholt, promovierter Chemiker, Honorarprofessor an der Universität Hamburg und zusammen mit dem Wissenschaftler Sebastian Lüning Autor des Buches «Unerwünschte Wahrheiten» (2020), kritisiert am IPCC-Bericht gleich die allererste Grafik in der Zusammenfassung für Politiker. Diese Grafik bildet den Temperaturverlauf auf der Erde in den zurückliegenden 2000 Jahren ab und zeigt einen vom Jahr 1 bis etwas nach 1850 einen leicht sinkenden Trend, dann dreht die Kurve nach oben. Wie ein Hockeyschläger.

Wo ist das Problem? Der Klimarat, so Vahrenholt, habe die mittelalterliche Wärmeperiode von 900 bis 1200 einfach aus dem Klimabericht und damit aus dem Klimagedächtnis gestrichen. So könne er nun behaupten, dass es seit 125 000 Jahren noch nie so warm gewesen sei wie in jüngster Zeit. Tatsächlich, im IPCC-Bericht von 2013 findet sich noch eine ganz andere Darstellung, in der die Temperaturen zwischen 900 und 1200 ähnlich hoch sind wie vor dem Jahr 2000. Man muss sagen: Diesen Hügel zu beseitigen, ist nicht mehr einfach nur Marketing.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der WELTWOCHE Zürich : | Die Weltwoche, Nr. 32 (2021)| 12. August 2021 ;  EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Beat Gygi für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages, wie schon bei früheren Beiträgen :  http://www.weltwoche.ch/Hervorhebungen und Markierungen v.d. EIKE-Redaktion.

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